Student lehrt Schülern Mathematik - und wie findet das die Schule?

Am Berufsschulzentrum endet ein Pilotprojekt. Es sollte vor den Ferien Wissenslücken schließen, die aufgrund von Schulschließungen während des Lockdowns entstanden sind.

VON CLAUDIA LADWIG

Es war ein Gewinn für alle Seiten: Der 20-jährige Lehramtsstudent Johannes Blum unterrichtete im Rahmen des Unterstützungsangebots „Bridge the gap“ (Überbrücke die Lücken) vier Wochen lang Mathematik in zwei Gruppen des Berufskollegs 1 am Berufsschulzentrum (BSZ) Stockach. Für ihn war es eine erste praktische Erfahrung; für die Schüler die Chance, versäumten Lernstoff nachzuholen; und für die Schule die Möglichkeit, einen engagierten jungen Mann kennenzulernen, der vielleicht für spätere Praktika wiederkommt. So haben Andreas Maier, Abteilungsleiter Wirtschaftsgymnasium und Berufskolleg, und Johannes Blum, im vierten Semster, das Projekt erlebt. Andreas Maier berichtet, das Berufsschulzentrum sei im Kooperationsnetzwerk mit der Universität Konstanz verbunden. „Für die Teilnahme an diesem Pilotprojekt war unser Bedarf durch die Uni abgefragt worden. Wir haben für das BK1 Bedarf in Mathematik gemeldet. Dort gab es die größten Defizite“, sagt der Abteilungsleiter. In diesem Schuljahr habe es während der Home-Schooling-Phasen teilweise technische und gesundheitliche Probleme bei den Schülern gegeben, einige Schüler seien zwischendurch auch mal abgetaucht. „Wir haben denen, die kein eigenes Tablet haben, eins von der Schule ausgeliehen. Schüler, die eine schlechte Internetverbindung hatten, konnten auch einzeln im Klassenzimmer sitzen und arbeiten“, sagt Maier.

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Andreas Maier, Abteilungsleiter: „Und es ist auch mal gut, von einer anderen Lehrkraft unterrichtet zu werden.“ | Bild: BSZ

Voraussetzung für Studenten

Johannes Blum hatte über eine Rundmail von dem Pilotprojekt erfahren. „Darin wurde kurz erklärt, was bei ‚Bridge the gap‘ passiert und was das Ziel ist, beziehungsweise, wieso es dieses Programm überhaupt gibt. Außerdem wurden schon vorläufige Rahmenbedingungen geklärt, wie beispielsweise, dass nur Lehramtsstudierende in Frage kommen, die im vierten Semester oder höher sind. und dass diese dann an Schulen im Umkreis der jeweiligen Hochschule zum Einsatz kommen sollen.“ Außerdem hätten die Dozenten der Fachdidaktik Mathematik auf das Programm hingewiesen.

Teilnehmenden Schulen standen im Zuge des Pilotprojekts vier Wochenstunden durch einen Studenten zur Verfügung. Die Schule entschied sich daher, in den Profilen Technik und Wirtschaft jeweils im Klassenverbund zwei Stunden Mathematik anzubieten. „Uns war wichtig, die Grundlagen zu festigen fürs BK2, damit die Schüler gut ins neue Schuljahr starten können“, sagt Andreas Maier. Natürlich hätten die wenigen Stunden nur Impulse geben können, aber sie hätten geholfen. „Und es ist auch mal gut, von einer anderen Lehrkraft unterrichtet zu werden“, bestätigt er.

Darum geht es im Projekt

Durch die pandemiebedingten Schulschließungen sind bei vielen Schülern Lernrückstände entstanden. Als ersten Schritt hatte die Landesregierung das kurzfristige Unterstützungsangebot „Bridge the gap“ für die Zeit zwischen den Pfingst- und den Sommerferien ins Leben gerufen. Über 440 Lehramtsstudenten halfen dabei Schülern an rund 280 Schulen, die von der Corona-Pandemie besonders betroffen sind. Die Schüler erhielten nach Absprache eine Förderung in den Fächern Deutsch, Mathematik oder Fremdsprachen. Am Programm beteiligt waren Universitäten und pädagogische Hochschulen im Land, darunter auch die Universität Konstanz, an der Johannes Blum im vierten Semester studiert. Andreas Maier vom Stockacher Berufsschulzentrum erklärte, dass im kommenden Schuljahr das Förderprogramm „Lernen mit Rückenwind“ im Rahmen des Bund-Länder-Aktionsprogramms „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ starten wird. (wig)

Nachdem klar war, dass Blum zum BK1 kommt, begann seine Vorbereitung.

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Lehramtsstudent Johannes Blum: „Die Teilnahme war auf jeden Fall die richtige Entscheidung.“ | Bild: Johannes Blum

Er erhielt Zugang zur Lernplattform und Mathematiklehrer Leonard Kötzel hat ihn über die häufigsten Lücken und Probleme der Schüler informiert. Er sagt, über die Lernplattform habe er genau gewusst, welche Themen die Schüler behandelt hatten: „So konnte ein breites Angebot für die unterschiedlichen Themenblöcke und die unterschiedlichen Niveaus, die in der Klasse vorherrschen, bereitgestellt werden. Unser Ziel war es, dass jeder Schüler mithilfe der Aufgaben genau die Themen bearbeiten kann, die ihm noch Schwierigkeiten bereiten und ich als Ansprechperson zur Verfügung stehe, individuell bei den Aufgaben helfe und Inhalte nochmals erkläre.“ Der Student aus Pfullendorf war dienstags dann vier Stunden am Stück bei den nicht viel jüngeren Schülern.

Wie lautet sein Fazit? Spontan antwortet er: „Die Teilnahme war auf jeden Fall die richtige Entscheidung.“ In den letzten vier Semestern habe er das Ziel vor lauter Uni-Mathematik etwas aus den Augen verloren und sich aufgrund der Härte des Studiums ab und an gefragt, wofür er das überhaupt mache, gibt er zu und erklärt: „Leider haben wir im Bachelor nur ein dreiwöchiges Praktikum, das bei mir erst im kommenden Schuljahr ansteht.“ Doch dieser Einsatz habe ihm wie erhofft gezeigt, dass sich das Durchhalten im Mathestudium lohnt. „Der Umgang mit den Schülern, das Unterrichten und das Helfen beim Verstehen der Mathematik machen einfach Spaß und mich damit sehr glücklich. Deswegen ist es genau das, was ich später – oder am liebsten jetzt schon – beruflich machen möchte.“ Er würde aufgrund dieser positiven Erfahrungen gerne jederzeit wieder an solchen Programmen teilnehmen. Damit rennt er beim BSZ offene Türen ein.

Andreas Maier lobt den jungen Mann: „Er hat das toll gemacht. Wir werden in Kontakt bleiben, auch für spätere Praktika, und uns freuen, wenn er zu uns kommt – vielleicht sogar später als Lehrer.“

Quelle: https://www.suedkurier.de/region/kreis-konstanz/stockach/student-lehrt-schuelern-mathematik-und-wie-findet-das-die-schule;art372461,10874668#